Sommerferien in Vivarais und Velay

Mit einem halben Tag Verspätung wegen einer Elektronik-Panne im geliehenen Auto geht es schliesslich per Eisenbahn (warum nicht gleich?) über Genf und Grenoble nach Valance. Zehn Tage Drôme und Ardèche mit dem Fahrrad warten auf mich.

Quartier habe ich bei der Verwandtschaft in der Drôme. Von hier aus geht es auf verschiedene Touren.

Mit dem Regio bin ich nach Saint-Rambert-d'Albon gefahren und erkunde die stillgelegte Eisenbahnlinie über Annonay nach Dunières und Firminy. Die Strecke windet sich am Hang oberhalb Saint-Désirat ins Zentralmassiv hinauf. Ich beschliesse, etwas weiter südlich durch das Cance-Tal nach Annonay hinauf zu fahren, weil das heutiges Ziel Dunières ist und ich mir nicht zu viele Umwege wegen nicht befahrbarer Bahntrasse erlauben kann.

Auf einer Nebenstrasse geht es in gemächlicher Steigung den vielen Windungen des Flüsschens folgend hinauf.

In Annonay beginnt derzeit die "via fluvia", ein Fahrrad-Weg, der Rhone und Loire verbinden soll. Er führt zu weiten Teilen auf alten Bahntrassen. Nach diesem Viadukt geht es auf die Trasse.

Im "Aufstieg" zur Bahntrasse.

Nach einem anstrengenden Tag Übernachtung in Dunières. Per Zufall bin ich auf ein hervorragendes Hotel mit erstklassiger Küche gestossen.

Am nächsten Morgen geht es weiter auf dem Fahrrad-Weg nach Raucoules. Ab Dunières benützt er eine ehemalige Trasse des Chemin de fer du Vivarais. Bis vor nicht allzu langer Zeit gab es hier noch Museumsbahn-Betrieb. Zwei 30 km lange Teilstücke des ehemals gut 200 km langen Netzes waren in Freiwilligen Arbeit erhalten worden. Der Abschnitt von Dunières nach Raucoules ist nun dem Fahrrad-Tourismus zum Ofper gefallen. Eine der schönsten Museumsbahn-Strecken Frankreichs, was für ein lokal-politischer Unsinn!

Im Bahnhof von Raucoules meint man sich in der Schweiz wieder zu finden. Die Personenwagen sind grösstenteils von der Bernina-Bahn und der Rhätischen Bahn, von der Berner Oberland Bahn und der Nyon-St-Cergue-Morez. Als der Museumsbetrieb des Velay-Express Fahrt aufnahm, gab es in Frankreich und anderweitig in Europa längst keine Meterspurbahnen mehr. Nur in der Schweiz sind sie bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben. Also muss man dort nach historischem Material Ausschau halten, will man einen Museums-Betrieb aufbauen ohne altes Material vom eigenen Netz zu haben.

Am Schalter löse ich mein Billet und treffe vor dem Bahnhof als erstes--einen Kollegen von der Blonay-Chamby, mit dem ich noch kurz zuvor hoch über dem Genfersee mit dem Dampftram gefahren bin. Die Welt ist ein Dorf ...

Die Lok-Mannschaft ist mit dem Befüllen von Wasser- und Kohlenkasten beschäftigt. Ich quartiere mich im Wagen hinter der Lok ein.

Heutiges Streckenende in Saint-Agrève. Mittagspause für Zug und Mannschaft.

Aus einem kurzen Gespräch mit dem Heizer wird schnell eine interessante Unterhaltung, komm doch mit zum Mittagessen, der Lokführer stellt sich als "alter Hase" an der Furka heraus. Die Welt wird ein zweites Mal zum Dorf, neue Freundschaften ergeben sich, noch im Bistro um die Ecke einen Kaffee zusammen trinken ...

... und auf einmal ist es schon drei Uhr nachmittags und ich habe noch gute 100 km Pedale vor mir! Auf der alten Vivarais-Trasse geht nun nach Voult sur Rhone hinab, zunächst in stetiger 34‰ Rampe. Brücken ...

... Tunnels ...

... und Felseinschnitte wechseln sich ab. Und weiter im "Sturmschritt" bis zum Rhonetal.

Zwei Tage später ein Ausflug zum "Train d'Ardèche", Lok 403, von Grafenstaden für die Chemins de fer du Vivarais gebaut, macht Mittagspause in Lamastre.

In der neuen Depot-Werkstatt wartet eine weitere Mallet-Lokomotive aus dem Bestand der Chemins de fer du Vivarais auf ihre Aufarbeitung.

viel Arbeit

Die neuen Räumlichkeiten sind grosszügig.

Ëine Stopfmaschine steht bereit für den Einsatz. Die Infrastruktur ist im Besitz des Département Ardèche, das für den Grossunterhalt aufkommt. Ohne diese Situation könnte die Touristen-Attraktion des Train d'Ardèche nicht überleben. In den kommenden Jahren wird der gesamte Oberbau erneuert. Über weite Teile fährt der Zug heute noch auf Schienen aus der Anfangszeit Ende des 19. Jahrhunderts. Bei dem Geschaukel versteht man, wieso man von diesem Transportmittel in den 50er und 60er Jahren nichts mehr wissen wollte.

Zwei weitere Mallets hoffen auf eine bessere Zukunft.

Sowie diverse Dieselfahrzeuge.

Die Strecke zurück nach Tournon darf ich den Job des Heizers übernehmen. Und weil ich diese Einladung der Kollegen schon geahnt habe, bin ich gut vorbereitet, die Strecke am Abend zuvor auf der Karte studiert und auf der Hinfahrt auf "Landmarken" für die Änderungen in der Steigung geachtet und dem Kollegen Heizer bei seiner Arbeit genau auf die Finger, pardon, die Schaufel geschaut. Mit zugegeben höchster Konzentration und einer gehörigen Portion Glück schaffe ich es, an allen Stellen Wasserstand und Manometer-Nadel genau auf dem Strich der von den Kollegen empfohlenen Werte zu haben. "Va voir le patron, signer le contrat pour le reste de la saison" sagen sie mir am Abend :-)